Es war ein langer Weg bis zur differenzierten Lokalanästhesie
In den Anfängen der zahnärztlichen Lokalanästhesie erfolgten erste Versuche einer schmerzfreien Behandlung noch mit Inhalationsmethoden wie z. B. Lachgas, Äther oder Chloroform. Allerdings ließen die vielen Komplikationen und teils tödlichen Zwischenfälle den Wunsch nach einem sichereren Verfahren und einer gut wirksamen Lokalanästhesie schnell lautwerden.
- Anfänge der zahnärztlichen Lokalanästhesie
- Entdeckung des Hormons Adrenalin
- Leitungsanästhesie
- Infiltrationsanästhesie
- Intraligamentäre Anästhesie
- Fazit
Anfänge der zahnärztlichen Lokalanästhesie
In den Anfängen der zahnärztlichen Lokalanästhesie erfolgten erste Versuche einer schmerzfreien Behandlung noch mit Inhalationsmethoden wie z. B. Lachgas, Äther oder Chloroform. Allerdings ließen die vielen Komplikationen und teils tödlichen Zwischenfälle den Wunsch nach einem sichereren Verfahren und einer gut wirksamen Lokalanästhesie schnell lautwerden. Eine anästhesierende Wirkung wurde bereits im Jahr 1860 mit der Isolation des Kokains aus den Kokablättern erforscht. Trotz anfänglicher Skepsis wurden die Behandlungen per Injektion immer häufiger, bis sich herausstellte, dass das Anästhetikum zur Sucht mit sowohl körperlichen (z. B. Schädigung innerer Organe), psychischen (z. B. schnelle Abhängigkeiten) als auch sozialen Folgeschäden (z. B. Kontaktstörungen) führte.1,2
Entdeckung des Hormons Adrenalin
Im Zusammenhang mit der Infiltrationsanästhesie in der Weichteilchirurgie setzten Wissenschaftler fortan ein kühlendes Ätherspray ein und erzeugten damit per Zufall eine Gefäßverengung. Im Jahr 1903 gelang es zudem Heinrich Braun aufzuzeigen, dass sich die Effektivität einer Kokaininjektion durch den geringen Zusatz des Vasokonstriktors Adrenalin zum einen deutlich steigern lässt und zum anderen auch die Toxizität herabgesetzt wird. Bereits ein Jahr später gelang es schließlich Chemikern der damaligen Farbwerke Hoechst, das Hormon Adrenalin synthetisch herzustellen und diese Substanz als „Suprarenin“ zu vertreiben.2 Noch heute findet sich der Buchstabe „S“ in den Produkten Ultracain® D-S und Ultracain® D-S forte. Während Ultracain® D-S als Lösung für die allgemeine Zahnheilkunde und Eingriffe von etwa 45 Minuten im Gebrauch ist, eignet sich Ultracain® D ohne Adrenalin besonders bei kardialen Risikopatienten oder bei Patienten, die aufgrund einer Sulfit-Allergie kein Adrenalin erhalten dürfen.3 Mit diesen drei Varianten stehen Ihnen Produkte zur differenzierten Lokalanästhesie zur Verfügung, die bei jedem Patienten individuell nach Risikofaktoren, Art und Dauer der Behandlung sowie entsprechender Lokalanästhesietechnik zum Einsatz kommen können.2
Im weiteren Verlauf der Geschichte haben sich schließlich vier Verfahren der Schmerzausschaltung etabliert: die Oberflächenanästhesie, die Leitungsanästhesie, die Infiltrationsanästhesie und die intraligamentäre Anästhesie.
Leitungsanästhesie
Bei der Leitungsanästhesie wird das Lokalanästhetikum in die unmittelbare Umgebung eines größeren Nervenstammes injiziert, was eine gezielte Blockade des Nervenastes zur Folge hat. Dies ist grundsätzlich sowohl intra- als auch extraoral möglich, wird aber i. d. R. intraoral durchgeführt. Vorteile dieser Methode sind die lange Wirkdauer und die geringe Dosis, die zur Betäubung eines relativ großen Areals notwendig ist. Diese Form der Anästhesie ist vor allem bei umfangreicheren zahnerhaltenden Maßnahmen oder schmerzhaften oralchirurgischen Eingriffen wie Reihenextraktionen, Zystenoperationen oder Parodontalbehandlungen in einem ganzen Quadranten angezeigt.2
Praxistipps:
- Um eine ausreichende Wirkung zu erzielen, sollte die Injektion möglichst nah am Nerv erfolgen
- Aufgrund zahlreicher anatomischer Varianten bei Patienten kann die Lage des Nervs möglicherweise nicht exakt lokalisiert werden. Dadurch kann es unter Umständen zu einer Verletzung des Nervs kommen.
- Da in der unmittelbaren Nähe von größeren Nervenstämmen zahlreiche Blutgefäße verlaufen, können diese bei adrenalinhaltigen Lokalanästhetika zu systemischen Komplikationen führen.2,4,5 Daher sollte insbesondere bei antikoagulierten Patienten auf diese Methode verzichtet werden und es sollten alternative Techniken angewendet werden.6,7
Infiltrationsanästhesie
Die Infiltrationsanästhesie ist die am häufigsten eingesetzte Form der Lokalanästhesie. Fast 70 % aller Zahnärzte verwenden diese Technik bei Eingriffen im Bereich des Oberkiefers sowie der Unterkiefer-Frontzahnregion.5 Bei dieser Methode wird das Lokalanästhetikum in unmittelbarer Nähe der Knochenoberfläche injiziert, wodurch die terminalen Nervenendigungen blockiert werden.8 Vorteil ist die technisch einfache Durchführbarkeit und die sehr hohe Erfolgsquote von 95 %.2,6
Praxistipp:
- Bei größeren operativen Eingriffen sind meist mehrere Injektionen notwendig. Dadurch besteht die Gefahr, dass Nachinjektionen möglicherweise zu hoch dosiert werden.6
Intraligamentäre Anästhesie
Als minimalinvasive Methode ist die intraligamentäre Anästhesie (kurz ILA) in den letzten Jahren immer beliebter geworden und wird von einigen Autoren sogar als „primäre Methode der Lokalanästhesie“ bezeichnet.9,10 Bei der ILA wird die Nadel durch den gingivalen Sulkus in das parodontale Ligament zwischen Zahn und Alveolarknochen eingebracht. Sie eignet sich für alle präparatorischen und endodontischen Maßnahmen und auch einfache oralchirurgische Eingriffe. Vorteile sind ein geringer Einstichschmerz und eine niedrige Anästhesiedosis, weshalb die ILA für Kinder und viele Risikopatienten prädestiniert ist.6,11 Weitere Vorteile sind: schneller Wirkeintritt, relativ kurze Wirkdauer; Nachinjektionen sind häufig nötig und auch unter Belassen des Kofferdams möglich; postoperative Einschränkungen aufgrund von Taubheit entfallen; lokale Ischämie ermöglicht oft den Verzicht auf Retraktionsfäden bei Abformung oder Eingliederung prothetischer Versorgungen. Kontraindikationen für die ILA sind: Endokarditisrisiko, Herzklappenfehler und -prothesen, Immunsuppression bei hundertprozentigem Risiko einer Bakteriämie.6
Praxistipps:
- Das Lokalanästhetikum sollte zur Schonung des Zahnhalteapparates mit speziell für diese Anästhesiemethode entwickelten Spritzensystemen und kurzen Kanülen (30 G) injiziert werden, z. B. Ultraject®.12
- Vorteile sind in erster Linie der geringe Einstichschmerz und die niedrige Anästhesiedosis.
Fazit
Die dentale Lokalanästhesie ist eine sehr sichere Form der lokalen Schmerzausschaltung mit einer sehr geringen Komplikationsrate.6 Im Zusammenhang mit den demografischen Veränderungen und einer Zunahme von chronischen Erkrankungen hat die korrekte Durchführung der differenzierten Lokalanästhesie einen wichtigen Stellenwert für die Behandlung der Patienten. Ziel jeder Behandlung sollte es stets sein, Anästhetikum und Injektionstechnik so auszuwählen, dass sie dem Gesundheitszustand des Patienten und der klinischen Situation bestmöglich entsprechen.6
Letzte Aktualisierung: 17.08.2020